Das angebliche Wappen der Familie Antritter

Der erste Teil des folgenden Textes war schon einige Jahre Bestandteil der Ahnenforschungsseiten auf vorfahren-online.de. Schon lange hatte ich den Plan, den hier beschriebenen Wappen auf seine Vorlagen zu untersuchen. In Zeiten des Internets ist dies natürlich heute viel einfacher. So entstand der folgende Blogbeitrag:

So lange ich zurückdenken kann, hing (und hängt noch heute) bei meinem Großeltern im Flur ein hangemaltes Bild (mit Text) eines Wappen der Familie Antritter. Allen war und ist bekannt, dass die Daten im Wappen und das Wappenbild eine Fälschung sind. Die Phanstasie eines Heidelberger Kunstmalers. Wer den Wappen in Auftrag gab läßt sich bisher nur vermuten. Es war aber sicher jemand aus der Generation meines Urgroßvaters Ernst Antritter oder davor.

Bild und Text des „Wappen der Familie Antritter“

Antritter

Altes Salzburgisches Bürgergeschlecht. Andreas A. fürstl. salzburgischer Bergrichter 1636. Ferner // wird erwähnt: Johann Ernst A. erzbischöfl. salzburg. Oberst.-Jägermeisterei-Assessor, dann Hofrath // u. Religions-Deputationssekretär, wie auch geheimer Conferenz-Altuar, wurde von Kaiser Franz I. // d. do. Wien 1. Dez. 1756 mit „Edler von“ in den Reichsadelsstand erhoben. Diese Standeserhebung // wurde 1757 in Salzbug publiziert. Im Jahr 1762 wurde er in die Landmannschaft aufgenomen*. // Wappen: Im blauen Schild eine gestürzte goldene Spitze, darin, um einen Stamm geschlungen, eine // grüne Schlange. (Sinnbild der Klugheit u. Behendigkeit) In den blauen Feldern ist je eine schräg= // gestellte silb. Lilie, die selbe bedeutet Reinheit. Auf dem Helm ist die Schlange zwischen zwei gold= / blau u. blau-gold geteilten Hörnern, welche Stärke bedeuten. //

Aus: J. B. Rietztap: Aemorial général I. Bd.

G. G. Wiedermayer, Heidelberg

Rückseite: Friedrich Vogel Kunsthandlung und Rahmenhaus

* Im Original: „aufgenomen“ (mit wagerechtem Strich über dem „m“ um die Verdoppelung des Buchstaben anzuzeigen!).

Das Original – Wappen der Familie Antretter

Um es kurz zu machen: Eine adelige Familie Antritter, wie es das Wappenbild suggieriert, erxistiert nicht. Vielmehr hat sich der Künstler beim Durchblättern der einschlägigen Literatur zur Heraldik (Wappenkunde) „inspirieren lassen“ und Wappentext und Bild der Familie Antretter – ein sehr änlich klingender Name – teilweise übernommen. Eine verwandtschaftliche Beziehung zur Familie Antretter gibt es nicht. Eigentlich könnte meine Recherche hier enden.

Weil es mich aber interessierte habe ich das falsche Antritter-Wappen und das Original der Familie Antretter in verschiedenen Heraldikwerken etwas näher verglichen. Denn der Name Antretter findet sich mit fast dem gleichen Text wie oben und einem teilweise sehr änliches Wappen in verschiedenen heraldischen Sammlungen, also Sammlungen zur Wappenkunde. Im Folgenden finden sich dazu drei Vergleiche, die Originale finden Sie in den Quellen ganz unten auf dieser Seite.

1) „Armorial Gènèral“ von Rietstap

Johannes Baptista Rietstap (1828-1891) war, so kann man in der Wikipedia lesen, ein niederländischer Heraldiker und Genealoge. Er verfasste Wappensammlungen die noch heute unter seinem Namen bekannt sind. „Der Rietstap“ oder „Armorial général précédé d’un dictionnaire des termes du blason“. Diese bestanden allerdings erst einmal aus einer reinen Textversion in französischer Sprache zu denen später einfache Zeichnungen kamen. Weitere Erklärungen zur Sammlung Rietstap finden sich z.B. hier auf deutschsprachigen Heraldikseiten. Es würde zu weit führen, dies alles hier zu wiederholen.

In dieser Sammlung findet sich folgender Text zum Namen „Antretter“:

Antretter

P. de Salzbourg – (Nob. du St.-Empire, 1756) – D’or à un bâton d’Esculape au naturel chaussé-ployé d’azur à deux fleurs-de-lis d’argent posées celle à dextre en bande et celle à senestre en barre Deux casques le 1er couronné Cimiers 1° une fleur-de-lis d’argent posée en pal entre un vol coupé à dextre d’or sur azur à senestre d’azur sur argent Lambrequin d’or et d’azur 2° quatre plumes d’autruche d’azur d’or d’argent et d’azur Lambrequin d’argent et d’azur

Mein Französisch ist sicher nicht das beste, aber auch ich erkenne, dass diese Beschreibung (teilweise) auf das falsche Wappen der Familie Antritter passt. Ein erster Hinweis also.

2) Österreichisches Staatsarchiv

In den Quellen des österreichischen Staatsarchives finden sich bei der Suche nach „Wappen Antretter“ eine kurze Information zu dem „Wann“ und „Wo“ dieses Wappen tatsächlich an die Familie Antretter verliehen wurde:

Titel: Antretter, Johann Ernst, erzbischöflich salzburgischer Oberst-Jägermeistereiassessor, Hofrat, Religionsdeputationssekretär, und geheimer Konferenzaktuar, Adelsstand, „Edler von” Entstehungszeitraum: 01.12.1756 Verleihungsdatum:01.12.1756 Ausstellungsort; Wien

Auch das hier zu findende Wappenbild ähnelt in Teilen unserem „Antritter-Wappen“ und auch die Angaben zur Person, an die es verliehen wurde stimmen bis auf den einen kleinen Buchstaben im Namen…

3) Siebmacher

Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch führt ebenfalls den Namen Antretter auf. Hier findet sich ein ein Teil des Textes des falschen „Wappen der Familie Antritter“ wieder:

Johann Ernst A. erzbischöfl. salzburg. Oberst.-Jägermeisterei-Assessor, dann Hofrath u. Religions-Deputationssekretär, wie auch geheimer Conferenz-Altuar, wurde von Kaiser Franz I. d. do. Wien 1. Dez. 1756 mit „Edler von“ in den Reichsadelsstand erhoben.“ Diese Standeserhebung wurde 1757 in Salzbug publiziert. Im Jahr 1762 wurde er in die Landmannschaft aufgenommen.

Hinweis: Der kursiv gesetzte Satz findet sich inhaltlich, aber nicht wortwörtlich im Text. Die im Buch enthaltene Abbildung des Wappens der „Antretter“ ist teilweise identisch mit dem Wappen der Familie Antritter. Die Vorlage ist also eindeutig!

Fazit

Es ist ein langer Text geworden, für ein falsches Familienwappen und ein echtes, mit dem die eigene Familie so gar nichts zu tun hat. Das hier im Namen uns jemand ein i für ein e vormachen wollte ist eindeutig!

Aber irgendwie fasziniert es mich, das jemand sich die Mühe machte, ein Wappen und seinen Text zu recherchieren, anstatt einfach einen komplett neuen zu erfinden. Vielelicht wollte man durch den sehr ähnlich klingenden Namen echter wirken? Doch wer hat so etwas erdacht und auch einen Kunstmaler beauftrag? Die Antritter waren in Walldorf und zuvor in Sulzfeld Steinmetze und Bildhauer, aus dem Raum Salzburg stammten sie sicher nicht! Die Frage bleibt unbeantwortet.

Das die Erfindung des Wappen der Familie Antritter wahrscheinlich älter ist als wir alle früher dachten, zeigt ein Eintrag in mein Gästebuch auf dieser Seite aus dem Jahr 2004 ( 26. Oktober 2004). Dazu erhielt ich damals eine E-Mail von einem Träger des Namens Antritter aus Sulzfeld bei Karlsruhe. Auch sein Vater und Großvater sprachen immer wieder von einem Familienwappen. Das ist leider im Krieg verloren gegangen. Es gibt keine Aufzeichnungen darüber und auch keine Zeitzeugen mehr. Ein Bild- und Textvergleich wäre sicher spannend.

Wahrscheinlich ist nach dieser E-Mail, dass das „Wappen der Familie Antritter“ sicher aus der Zeit meines Urgroßvaters, wahrscheinlich eher davor, stammt. Denn die Familie Antritter kam um 1900 herum nach Walldorf. Und schon in Sulzfeld scheint dieses Wappen ein Thema gewesen zu sein. Wer weiß? Für mich wird das „Wappen der Familie Antritter“ wohl immer eine Erinenrung an meinen Großvater und seine Familie sein.


Quellen (abgerufen im Internet am 29.06.2019)

„Armorial général : précédé d’un dictionnaire des Termes du blason“ zitiert nach: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k62943f/f7.image und http://www.coats-of-arms-heraldry.com/armoriaux/rietstap/rietstap_a56.html

Siebmachers Wappenbuch zitiert nach: http://gdz.sub.uni-goettingen.de/dms/load/img/?PID=PPN828640769|LOG_0010&physid=PHYS_0018

Siebmachers Wappenbuch Tafel 2: http://gdz.sub.uni-goettingen.de/dms/load/img/?PID=PPN828640769|LOG_0015&physid=PHYS_0100

Österreichisches Staatarchiv ziert nach: http://archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=1361359

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